märz 2021 – goodnews editorial

Spiritualität

Für mich bedeutet Spiritualität in erster Linie, gewisse ethische Standards einzuhalten: wahrhaftig zu sein, in Frieden zu gehen, mein Wort nicht zu brechen und für andere da zu sein. Das gelingt natürlich nicht immer. Spirituell sein, heisst, sich mit Fragen des Geistes zu befassen. Das kann erst einmal alles Mögliche sein und fängt damit an, dass man sich für Dinge interessiert, die über die eigene Person und unmittelbare Lebenslage hinausgehen. In diesem Sinn sind Kinder zutiefst spirituell, sie sehen das Lebendige in allen Dingen. Die Sorge zur Umwelt gehört auch dazu, die Welt in ihrer gesamten Materialität als Erweiterung seiner Selbst zu verstehen und behutsam mit ihr umzugehen. Auch über sich und die Welt nachdenken sowie die Auseinandersetzung mit dem Göttlichen, Kosmischen oder Universellen sind Schritte auf dem Weg zur Vergeistigung. Die alten Griechen orientierten sich in ihrer Geisteshaltung am Schönen und Guten. Das können Dinge, Werte oder Einstellungen sein wie die Suche nach Wahrheit, nach Befreiung und dem richtigen Mass in allen Dingen. Es gibt viele Menschen, die ihre Spiritualität aus ihrem religiösen Glauben beziehen. Andere richten sich nach einer allgemein gültigen, ewigen Philosophie, der Weisheit der Völker. Die meisten Menschen wollen nicht töten, sondern in Frieden leben, ihre Eltern und Familien ehren, einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen und in Würde alt werden, sofern es ihnen gegeben sei. Meiner Erfahrung nach sind die Menschen überall gleich, es herrschen bloss unterschiedliche Sitten. Was Spiritualität für mich aber keinesfalls sein kann, ist anderen durch Gebote oder Dogmen zu sagen, was oder wie sie glauben müssen oder welche Gefühle erlaubt und welche tabu sind. Nicht in Praktiken wie Meditation, Achtsamkeit oder Kontemplation zeigt sich wahre Spiritualität, sondern im Alltag. Gute Taten reichen nicht aus, auf die Gesinnung kommt es an. Und auch wenn man sich mit Gleichgesinnten austauscht, spirituell ist jeder und jede für sich allein.

Mit Frühlingsgruss, Ihre
Susanne G. Seiler


kein worte
für das Licht
das mich streifte

Michael Denhoff

Scroll to top