oktober 2022 – goodnews editorial

traurige nachrichten

Mit Schock und Trauer haben wir vernommen, dass Christian Rätsch (1957-2022) am 17.September gestorben ist. Er war aussergewöhnlich begabt und wird uns fehlen.

Als wir uns erstmals begegneten, war der Schamanismus ausserhalb von Fachkreisen weitgehend unbekannt und darüber hinaus suspekt, weil mit «Drogen» verbunden. Drei Tage nach seinem Tod widmet ihm das deutsche Börsenblatt ein Nachruf – Christian Rätschs Schaffen und Denken waren längst massentauglich geworden. Der bekannte Kulturanthropologe, Ethnopharmakologe, Autor und Referent hinterlässt ein umfassendes schriftliches und mündliches Werk; seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt, seine Vorträge und Fernsehinterviews haben Millionen gehört und gesehen.

Er hat mit seiner lebenslangen Partnerin Claudia Müller-Ebeling viel dafür getan, dass psychoaktive Substanzen gerade in Deutschland mehr Anerkennung finden und deren Dämonisierung einem breiteren Verständnis für die Leistung indigener Kulturen und ihrer Heilpflanzen weicht. In Vom Forscher, der auszog, das Zaubern zu lernen, berichtet Christian über seine Erlebnisse als junger Mann bei den Lacandonen, einer kleinen Gruppe von Mayas im mexikanischen Bundesstaat Chiapas, deren Sprache und Heilrituale er lernte und studierte. Mit der Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen – Band 2. (mit Co-Autor Markus Berger), dem zweiten Teil des mit Spannung erwarteten, international anerkannten Standardwerks auf diesem Gebiet, das kurz vor seinem Tod erschien, hat Christian sein Lebenswerk abgeschlossen. Es umfasst und definiert eine ganze Ära psychedelischen Schaffens.

Als Mensch faszinierte der langhaarige Akademiker mit einer ihm eigenen Mischung aus Distanz und Freundlichkeit. Gestorben ist er an einem vernachlässigten Magengeschwür. Er wurde fünfundsechzig Jahre alt.

Ebenfalls verloren haben wir am 25.Juli Yatra Barbosa. Die brasilianische Musikerin und Ayahuasca-Aktivistin, Patin der Mãe D’Agua Tribe und Mitbegründerin des sogenannten Eagle-Condor Festivals in Alto Paraíso de Golás wirkte und lebte über längere Zeit in Amsterdam, ehe sie in ihr Heimatland zurückkehrte. Sie starb mit einundachtzig Jahren an Herzversagen.

Ihre
   Susanne G. Seiler

P.S. Sie finden uns jeden Donnerstagnachmittag von 14 – 18 Uhr in der Gaia Lounge, Hochstrasse 70 in Basel (Nähe Hauptbahnhof Basel SBB, Haltestelle Peter Merian). Herzlich willkommen!


das urteil

Aug um Auge, Zahn um Zahn,
zu Urteilen – ein Menschheitswahn.
Mit der Waagschale in Deiner Hand,
betrittst Du des Nachbarn Seelenland.
Wer sind wir? Muss ich fragen.
Dass wir ein Urteil wagen,
über jedes noch so kleine Sein,
bis uns trifft der eigene Stein?
   Sandra Koschate

Scroll to top