august 2022 – goodnews editorial

vergänglichkeit

Am 9. Juli ist Ann Shulgin gestorben. Sie war sechsundneunzig Jahre alt. In Neuseeland geboren, heiratete die Schriftstellerin und Psychologin 1978 den visionären Chemiker Alexander ‚Sasha‘ Shulgin. Ann war eine grossartige Kommunikatorin und unglaublich freimütig. Sie war glamourös und unkonventionell, eine mutige und motivierte Frau, jemand, zu dem man aufschauen konnte. Ich hatte das Vergnügen, sie am Esalen-Institut kennenzulernen, vorgestellt von Rupert Sheldrake. Da das Internet noch in den Kinderschuhen steckte, habe ich keine Spur vom diesem denkwürdigen 17. Juni 1985 gefunden, Sasha Shulgins 60. Geburtstag. Am frühen Abend sprach Terence McKenna vor versammelter Belegschaft. Während er einige seiner Ideen vorstellte, sassen Claudio Naranjo, Andrew Weil, Rick Doblin, Rupert Sheldrake, Jill Purce, Kursteilnehmer und Mitarbeiterinnen auf Kissen am Boden. Die einzigen beiden Stühle im Raum, extra herbeigetragen, wurden von den lächelnden Schulgins besetzt. Als alle fertig geredet hatten, assen wir einen Happen in der Küche von Esalens Grossem Haus. Später blies Sasha die Kerzen auf seinem Geburtstagskuchen aus und teilte ihn mit allen. Danach holte er seine Geige hervor und brachte uns unter begeistertem Applaus ein Ständchen. Die abenteuerliche Geschichte des Ehepaars Shulgin finden Sie in ihren berühmten Büchern PIKHAL und TIKHAL. Mögen die beiden im Geist vereint sein und in Frieden ruhen.
Vor sechs Jahren, am 17. August 2016, ist Dieter Hagenbach gestorben, Initiant und Präsident der Gaia Media Stiftung. Ein trauriger Tag. Aus dem Chaos geboren, ist Gaia eine chthonische Urgöttin. Sie bringt alles hervor, was auf der Erde wächst und sich auf ihr und in den Lüften bewegt. Laut griechischer Mythologie hatte sie mit einer Reihe von Männern mindestens fünfunddreissig Kinder. Diese Mutter aller Mütter schüttet über Äonen hinweg ihren Segen über uns aus, aber sie wehrt sich auch immer wieder, wenn ihre Gesetze nicht beachtet werden. Auf der Seite von Gaia zu stehen und ihrer Weisheit Ausdruck zu verleihen, war eines von Dieters Stiftungszielen. Das andere war, das Bewusstsein um die vielfältigen Möglichkeiten des Geistes zu verbreiten und über Substanzen zu informieren, die uns einen Weg zu mehr Einklang mit unserer eigenen Natur zeigen.
Vor fünf stürmischen Jahren bot ich an, Dieters Newsletter am Leben zu erhalten. Dieters im April 2021 ebenfalls verstorbener Nachfolger, Lucius Werthmüller, machte mit unserem Team aus Dieters goodnewsletter die gaia goodnews. Seinen Ideen blieben und bleiben wir treu. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen von Ihnen bedanken, die unsere Arbeit in den letzten fünf Jahren gewürdigt und unterstützt haben, sei es per Mail, als Leserinnen, durch ein Abonnement und/oder als Sponsoren und Gönnerinnen.
Herzlich Ihre
  Susanne G. Seiler

P.S. Die psychedelischen Salons sind in September zurück, Bis dann sind wir jeden Donnerstag von 14 – 18 h in der Gaia Lounge in Basel an der Hochstrasse 80 anzutreffen. Herzlich willkommen!


aller tage neuer anfang

Abgestreifter Traum nach langer Nacht
Was bleibt, ich werde gehn
Nun erfrischt und neuer kräftger Atem
Hilft diese Welt ganz neu zu sehen.

 Christian Parisius

juli 2022 – goodnews editorial

engel und dämonen

Obwohl sie den Eigenschaften, die wir (insgesamt) anstreben, Gestalt verleihen, glaube ich nicht an Zufalls-Kontroll-Agenten (John Lilly) oder Engel. Es ist ein schöner Gedanke, aber ich sehe keine Anzeichen dafür, dass uns, einer Spezies genialer Versager, diese erhabenen Wesen zur Seite stünden. Wären sie unsere Helfer, würden wir dann in diesem moralischen, ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Schlamassel stecken? Oder könnte es vielleicht sein, dass unsere Missgeschicke auf Engel zurückzuführen sein, die uns hassen, auf Dämonen, auch bekannt als die niederen Regungen des Menschen?
Die Vorstellung, von Wesen aus anderen Dimensionen unterstützt oder zu meinem Guten manipuliert zu werden, behagt mir nicht. Meine Mutter benutzte den Allmächtigen gerne, um ihre Regeln durchzusetzen: God is watching you!  Mit fünf habe ich den alten Spielverderber herausgefordert und abgelehnt. Hatte er nichts Dringenderes zu tun, als sich mit mir abzugeben? Als Teenager erlebte ich, wie die Kirche mich als Mädchen und als Frau für minderwertig befand, und weigerte mich, mich als Dulderin mit einem Leben voller Schmerz und Leid abzufinden. Diese Gefühle können und sollten nicht vermieden oder unterdrückt werden. Aber als Religion? Die Idee von Gott als Liebe wird von unseren religiösen Institutionen nicht sehr überzeugend dargestellt. Wie Karl Marx gesagt haben soll: Wenn Christen Christen wären, würden wir es merken.
Ich glaube, das Universum ist überwältigend intelligent, alle meine Sinne und Gefühle sagen mir das, aber es ist ihm egal, ob ich eine alkoholselige Affäre mit dem Mann meiner Nachbarin hatte, auch wenn es eine ausgesprochen dumme Idee gewesen sein mag. Der Kosmos greift auf die bedächtige und unpersönliche Weise in unser kollektives Leben ein, die wir Evolution nennen.
Mit Geistern verkehren, das tu ich. Als Kind sah ich hinter jedem Busch Feen, Elfen und Zwerge. Auch ein paar Pflanzengeistern bin ich schon begegnet und von Tieren lass ich mich genre inspirieren. Sind sie meine äusseren oder meine inneren Führer? Und woher kommen Visionen und symbolische Botschaften? Etwa vom Bodensatz der Wirklichkeit?
Cool bleiben!
Susanne G. Seiler

P.S. Die psychedelischen Salons sind in September zurück, Bis dann sind wir jeden Donnerstag von 14 – 18 h in der Gaia Lounge in Basel an der Hochstrasse 80 anzutreffen. Herzlich willkommen!


hab oft im kreise der lieben

Hab oft im Kreise der Lieben
im duftenden Gras geruht
Und mir ein Liedchen gesungen,
und alles war hübsch und gut.
  Aldalbert von Chamisso

juni 2022 – goodnews editorial

zickenkrieg

Als ich jung war, gab es im Wesentlichen vier sexuelle Orientierungen. Man war ein Mann, eine Frau, ein Homosexueller oder eine Lesbe. Als Untervariante gab es Menschen, die beide Geschlechter liebten. Unter den Homosexuellen waren welche, die sich gerne als Frauen kleideten; gewisse Frauen trugen Anzüge. Das waren Transvestiten. Während der Olympischen Spiele in den fünfziger bis achtziger Jahren schienen bullig aussehende Frauen aus den Ländern des Eisernen Vorhangs einen Vorteil gegenüber weiblicheren Konkurrentinnen zu haben und wurden getestet. Wenn sie genügend weibliche Hormone aufwiesen, wurden sie durchgewinkt und behielten ihre Medaillen, sonst Adieu! Auch kannte man seit der Antike den Hermaphroditen, ein Wunder, das in Federico Fellinis Satyricon (1969) einem grösseren Publikum vorgeführt wurde. Man schätzt, dass etwa eines von 83’000 Kindern sowohl mit einer Vagina als auch mit einem Penis geboren wird. Sobald sie die Mittel dazu hatte, bestimme die Gynäkologie das Geschlecht dieser Kinder. Glücklicherweise scheint diese anmassende Praxis ein Auslaufmodell zu sein. Es gibt eine beträchtliche Anzahl von bekannten Fällen von Hermaphroditen, die geboren haben. Bei uns kann jeder und jede wählen, ob sie ein Mann oder eine Frau sein wollen. Oder eben beides. Um das Geschlecht wechseln, nimmt man vielerlei Hormonpräparate und unterzieht sich invasiven Operationen; man muss zum Psychiater, und es gibt viel Papierkram zu erledigen. Niemand würde sein Geschlecht aus einer Laune heraus ändern, dazu ist es ein zu schmerzhafter und langwieriger Prozess. Dass ein ehemaliger Mann im Sport einen Vorteil gegenüber anderen Frauen haben soll, scheint willkürlich. Erfüllen die Hormone ihre Aufgabe denn nicht? Wenn sie Brüste spriessen lassen können, können sie dann nicht auch ein paar läppische Muskeln zurückbilden? Gut durchtrainierte Cis-Frauen sind zu Recht stolz auf ihre körperliche Stärke. Warum also sollten Transgender-Frauen von weiblichen Sportmannschaften ausgeschlossen werden? Und wenn wir schon dabei sind: Es ist Ausgrenzung pur, dass die Paralympics und die Invictus Games als Kategorie nicht Teil der «normalen» Olympischen Spiele sind. Wir sitzen alle im selben Boot.
Ich hoffe, Sie geniessen Sie, trotz schwerer Zeiten, das kommende Sommerwetter.

Susanne G. Seiler

P.S. Der 2. Psychedelische Salon in Basel brachte tolle Gäste, jung und alt. Unsere Lounge ist immer noch donnerstags von 14-18 Uhr geöffnet, mit einer zunehmenden Anzahl von Abendprogrammen. Herzlich willkommen!!


grün lesen

dass man ist
dass man gewesen ist
hier war
oder hätte sein können
ein grund für etwas
eine decke für etwas
eine nach der man
sich streckt decke
die zudeckt eine
verdeckt
ein fell
für alle fälle
grün
durch das
der wind geht
und liest

Doris Runge

mai 2022 – goodnews editorial

die zukunft der psychedelik

Psychedelika sind in aller Munde; ihr Heilpotential findet mittlerweile viel Anerkennung, doch schon droht der grosse Ausverkauf. Allein 2021 wurden 1,8 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung und Herstellung von Psychedelika wie Psilocybin, MDMA, LSD, Ayahuasca und Ketamin gepumpt, bis Ende 2024 soll es das Doppelte sein. Seit dem Bitcoin gab es keinen derartigen Hype mehr. Erste Firmen sind schon wieder aus dem Rennen, andere erleben an der Börse Berg- und Talfahrten. Keiner weiss so richtig, wohin die Reise führt, aber allen ist klar, dass sich hier ein enormer Markt auftut, getragen von Millionen Menschen weltweit, die unter Depressionen und andere schwer zu behandelnden psychischen Störungen leiden. Dabei gehen nicht alle gleich vor. Manche Firmen halten sich weitgehend an die Natur und wollen den indigenen Gesellschaften, deren Wissen sie sich zu Eigen machen, dafür kompensieren, doch im Allgemeinen man ist immer ein Molekül von einem neuen Patent entfernt, ausser bei MDMA, wo MAPS, die ‘Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies, seit Jahren mit einem alten Patent gute Arbeit leistet. Gerade bei Depressionen scheint die Verlockung gross, ein Mittel zu schaffen, das dem Chemismus von Psychedelika entspricht, aber auf Jahre hinaus eingenommen werden kann. Kein Wunder möchten viele dem Trip den Trip nehmen. Ohne Katharsis keine Heilung? Egal, der Ausgang ist zu unsicher, nicht replizierbar. Bei der Behandlung soll alles klinisch messbar und auch Set und Setting gleichbleibend sein. Immer die gleichen Möbel und der gleiche Blumentopf! Therapeutische Begleiterinnen (Trip Sitters) gehen nach Skript vor. Patienten werden sorgfältig ausgewählt, nur die wenigsten aufgenommen; wehe da zeigt eine/r Eigeninitiative oder scheint ‘schwierig’ zu sein. Es geht um die Zulassung! Und wo sollen die Abgewiesenen hin? Sie bleiben im besten Fall traditionellen Heilern und selbständig agierenden psychedelischen Therapeuten überlassen. Doch wir alle, die Psychedelika nehmen oder genommen haben, stehen in der Pflicht. Wir müssen Verantwortung übernehmen, Mut und Demut zu zeigen und für andere da sein. Die psychedelische Community muss dafür kämpfen, dass Psychedelika auch für gesunde Menschen legal zugänglich werden, sowie für alle, die Hilfe brauchen. Wir bleiben dran.

Mit Frühlingsgruss
Susanne G. Seiler

P.S. Wir haben den Bicycle Day und unseren ersten psychedelischen Salon sehr genossen. Von nun an ist unsere Lounge immer donnerstags von 14-18 Uhr geöffnet, öfters auch mit einem anschliessenden Abendprogramm. Herzlich willkommen!


steilküste

schon bald ist sonntag
in den klippen verfangen sich
die wölfe so klingt das meer das uns trifft
das rollen der steine von vorn ein paar stiefel
im fels wie sich die wogen waschen an der luft
im laufe bläht der wind das cape den raum
für dein kleines gedächtnis gelb
als sie rannten kinder die ihre zungen
in den regen strecken meer salz das heulen
des winds zu erlernen von vorn
mit der gischt kommt die liebe rau
in all ihren alten sprachen.

Anja Kampmann

april 2022 – goodnews editorial

Jahresrückblick

Das Jahr 2021 steht für uns unter dem Zeichen eines Schicksalsschlags. Bedingt durch Covid-19 geht zunächst alles ruhig voran. In der Gaia Media Lounge veranstaltet die Ethnobotanika GmbH erste Kurse und Integrations-Zirkel, die Anzahl registrierter Bibliotheksbücher wächst langsam aber kontinuierlich. Besucher kommen leider nur vereinzelt. Gesellschaftlich befinden wir uns im Shutdown. Beinahe genau vor einem Jahr trifft uns aus heiterem Himmel die Hiobsbotschaft: Lucius Werthmüller, unser Stiftungspräsident, Freund und Berater, ist tot. Wir fallen aus allen Wolken. Nie hätten wir erwartet, dass wir ihn so plötzlich verlieren würden. Wir vermissen Luci sehr. Sein Tod brachte viele Veränderungen und kostet uns nicht nur Lucis breites Wissen, sondern auch die fachliche Unterstützung seitens des Parapsychologischen Vereins Basel, was wir sehr bedauern. Wir möchten an dieser Stelle Therese Hartmann, die uns von Seiten des PSI Vereins unterstützte, besonders herzlich für ihre wertvolle Arbeit danken und ihr das Allerbeste wünschen. Als Lucis unmittelbarer Mitarbeiterin war sie besonders stark von seinem Tod betroffen. Diese Veränderungen hatten zur Folge, dass sich die Stiftung sozusagen neu erfinden muss. Der Stiftungsrat muss ergänzt werden. Projekte, die von Luci vorangetrieben wurden, fielen weg, und solche, die geplant waren, mussten neu gedacht werden. Dieser Prozess dauert an. Und wird in diesem Jahr weiter fortschreiten. Die Gaia Media Stiftung glaubt fest daran, dass durch Transformation Gutes entsteht. Wir freuen, dass wir uns, dass die Stiftung sich seit Anfang 2022 neu orientiert, und lassen Sie gerne an unserem Fortschritt teilnehmen.Offen haben wir ab sofort jeden Mittwoch und ab Mai auch jeden jeden Samstag von 12 bis 18 h. Also hoffentlich bis bald in der Gaia Lounge an der Hochstrasse 70, 4054 Basel und herzlich willkommen!

Kerim Seiler              Susanne G. Seiler
Stiftungsrat                Redaktorin goodnews

P.S. Dieses Jahr begehen wir den Bicycle Day mit einer kleinen Party. Details finden Sie unter ‘gut zu besuchen/streamen)’. Erstmals findet im April in Basel auch ‘The Psychedelic Salon’ statt, Infos ebenda.


Der Tanz um die Mitte
Ein Versuch nach Nähe
Wir waren elegant
Und blieben es nicht
Der Tanz wurde zur Flucht
in mehreren Raten
Der Strom fiel aus
Die Räume wurden dunkel
Tränen fielen auf die Bilder
Die Konturen lösten sich auf

René Oberholzer (2022)

märz 2022 – goodnews editorial

Krieg

Ich bin heute morgen traurig aufgestanden, weil auf europäischem Boden Krieg herrscht, und bitte unsere aussereuropäischen Freunde gleich vorweg um Entschuldigung, wenn das in ihren Ohren hohl klingt. In manchen Ländern bedeutet jeder Tag Krieg, oft nur anders genannt. Diese Konflikte finden anderswo statt und beschäftigen uns hier deshalb weniger. So dumm und einfach ist das. Der Schrecken der Lage in der Ukraine verunsichert mich. Dass unschuldigen Menschen Leid zugefügt wird, tut mir weh. Die Geschichte wiederholt sich. Die erste bittere Pille, die wir Europäer schlucken mussten, war der tragische Fall Ex-Jugoslawiens im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert. Und jetzt das. Wieder werden Flüchtlinge kommen, vor allem traumatisierte Frauen, Kinder und Alte. Wieder werden Menschen ihr Zuhause verloren haben, die heimkehren wollen. Wieder werden wir uns aufrappeln und spenden und helfen und doch ratlos daneben stehen. Wieder werden wir uns danach schwören: «Nie wieder!». Die Welt zerbricht in «wir» und «sie». «Sie» sind immer die anderen. Auch wenn das Pendel irgendwann zurückschwingt, am liebsten würde ich weinen. Bin ich ein lächerlicher Softie, eine sentimentale Heulsuse, die der Realität nicht mehr entgegenzusetzen hat als ein paar billige Tränen? Fünfundneunzig Prozent aller Europäer, vom Atlantik bis zum Ural, sind mit diesem Krieg nicht einverstanden. Wir müssen auch jetzt das Beste aus der Situation machen, ob es uns passt oder nicht. und wollen zuversichtlich bleiben. Wir nützen wir den Ukrainern am meisten, wenn wir an sie glauben und unsere Energie darauf konzentrieren! Die Ukraine erhält international breite Rückendeckung und weltweite Solidaritätsbekundungen. Länder, die noch nie Flüchtlinge aufgenommen haben, wollen Ukrainer willkommen heissen.Elon Musk sorgt via Starlink für den Internetzugang, welcher der Regierung den Kontakt zur Aussenwelt sichert und den Menschen Mut macht. Wirksamere Wirtschaftssanktionen als bisher schaden vermehrt den richtigen Leuten. Bevölkerung und Armee wehren sich und haben viele strategische Vorteile. Es läuft alles etwas anders, als es der Aggressor erwartete. Vielleicht nützen unsere Forderungen, Gebete und Wünsche und die Gerechtigkeit obsiegt? Allgemein gute Nachrichten: Wir werden unsere Lounge bald neu eröffnen, Restriktionen gibt es keine mehr. Ich freu ich mich, dass ich mich nicht mehr ständig fragen muss, wo meine Maske ist. Dass ich in den Läden die Gesichter der Mitarbeitenden wieder sehe und ich mich näher an den Menschen fühle.
Es wird auch unter traurigen Umständen Frühling.
Nachdenklich, Ihre

Susanne G. Seiler


Die Sehnsucht ist grün

Die Sehnsucht ist grün.
Wenn Blüten noch taugen
ihr Götter
dann lässt sie wachsen
bis sie grösser sind als die Angst
damit sie uns wieder und wieder
die Tür öffnet.

Und paar sie mit Vertrauen
damit wir
selbst schutzlos
unverletzt  bleiben.

Barbara Stützel, aus Poesie in Gemeinschaften

februar 2022 – goodnews editorial

Lob der Langeweile

In den beiden letzten Jahren wurden wir vermehrt auf uns selbst zurückgeworfen, ob wir allein leben oder nicht. Unser Innenleben hat eine neue Bedeutung erlangt, ob wir uns als spirituell bezeichneten oder einem eher extrovertierten Lebensstil anhingen. Wir mussten uns näher mit uns selbst anfreunden, denn wir sassen kollektiv zu Hause, sahen weniger andere Menschen, schliefen mehr, liebten mehr –  oder weniger – und sahen wie durch ein Vergrösserungsglas, was unser individuelles Leben ausmacht. Bildschirm. Familie. Sex. Bewegung. Einkaufen. Kochen. Essen. Unterhalt. Die Konfrontation mit der Essenz unserer inneren Landschaft, unserer eigenen Natur, ist nicht immer angenehm. Nicht nur, weil wir vielleicht Seiten an uns entdecken, für die wir uns schämen, oder weil wir Verhaltensweisen ändern möchten, die wir nur schwer ablegen können. Wir sind uns gewöhnt, so produktiv wie möglich zu sein, selbst Innenschau heisst ‘etwas tun’. Vielleicht liegt es in unserer Natur und wir können gar nicht anders, als nach einem Mehrwert oder Lustgewinn streben, wären wir doch mit ein wenig Langeweile so gut bedient. Auch Langeweile ist mehr als nichts tun. Wir könnten viele schöne geistige Abenteuer erleben, würde wir sie uns nur ab und zu zugestehen! Löcher in die Luft starren, unsere Gedanken kreisen lassen um die Idee, dass wir nicht wissen, was mit uns anfangen. Loslassen, die Gedanken treiben lassen, den Wolken beim Vorbeiziehen zusehen. Den trivialen, wie auch die bedeutenden Überlegungen, die uns durch den Sinn gehen, freien Lauf lassen, bis auch sie langweilig werden. Dann denken wir an nichts mehr und sind herrlich unproduktiv. Doch nur zu schnell regt sich der nächste Impuls und schlängelt sich in unser Bewusstsein. Bald kommt der Frühling und Gedanken werden zu Taten.
Sehnsüchtig Ihre,

Susanne G. Seiler


Alle meine Schiffe

Alle meine Schiffe
haben die Häfen vergessen
und meine Füsse den Weg.
Es wird nicht gesät und nicht geerntet
denn es ist keine Vergangenheit
und keine Zukunft,
kaum eine Bühne im Tag.
Nur der kleine
zärtliche Abstand
zwischen dir und mir,
den du nicht verminderst.

Hilde Domin

januar 2022 – goodnews editorial

Wie woke sind Sie?

Was wir als informierte Bürger oder nichtbürgerlich Informierte alles – besser –wissen und kennen müssen, um ein Wörtchen mitreden zu können: von Matriarchat und Patriarchat, Antike und Moderne, Kolonialzeit und Industrialisierung, Sklaverei und Rassismus, von Waffengesetzen und Genoziden, Parallelmonden und Weltraumissionen, Verantwortung und Freiheit, Seuchen und Morden, Geschlecht und Gender, grünender Hoffnung und Nachhaltigkeit, Zukunft und Massensterben. Die Schlüsse, die wir aus diesem Wissen ziehen, führen zu mehr als einer Wirklichkeit. Es gibt eine Fülle von Lebensmodellen innerhalb und ausserhalb des Mainstreams, die sich kreuzen, überschneiden und parallel verlaufen, sich angleichen, bekämpfen und vereinen. Brauchen wir deshalb zu allem eine fertige Meinung? Um sie vor uns hinzuhalten wie ein Schild? Wie viel Macht gebe ich anderen über meine Gedanken? Wie sehr bin ich beeinflusst von dem, was ich – selektiv – lese, höre oder sehe? Brauche ich äussere Mittler, um zu wissen, was falsch und was richtig ist für mich? Für die Gesellschaft, in der ich lebe? Ich traue mir zu, Gut und Böse voneinander unterscheiden zu können, Wahrheit und Lüge. Aber was ist mit meinem Gegenüber, was mit den anderen? Um etwas zu erfahren über die Befindlichkeit der Welt, in der ich lebe, muss ich meine Meinungen mit fremden Einsichten vergleichen. Das ist die Praxis. Hinzu kommen Bibliotheken voller Theorie. Wir wollen miteinander im Gespräch bleiben, damit wir offen und effektiv Verantwortung übernehmen können für die Welt, in der wir leben.

Ein gesegnetes, gesundes und friedliches 2022 wünscht
Susanne G. Seiler


Wir schiffern durch die Tage

Wir schiffern so durch die Tage,
wie das Wetter und fragen:
Was sind das für Zeiten?
Was sind Vergangenheiten?

M.B. Hermann

dezember 2021 – goodnews editorial

Legalize it II – Deutschland und Österreich

Die Kelten bauten in unseren Breitengraden bereits Cannabis an. Es erlebt im 17. Jahrhundert eine Blütezeit, als europäische Schiffe mit ihren Takelagen aus Hanf in alle Welt fahren und neue Genussmittel nach Europa bringen. Durch die aufkeimende chemische Industrie verliert der Cannabis-Anbau seither an Bedeutung. Nach dem zweiten Weltkrieg ist zwar wieder ein gewisser Aufschwung zu verzeichnen, doch 1982 wird in Deutschland der Anbau von Cannabis vollumfänglich verboten. Die Prohibition dauert bis 1996, als Hanf als Nutzpflanze wieder gezüchtet werden darf. Als Genussmittel erfährt Cannabis schon früh gewisse Einschränkungen und ist bis heute illegal. Doch das soll sich jetzt ändern, denn die neue Ampelkoalition hat sich die Entkriminalisierung von Hanf auf die Fahne geschrieben und verspricht sich von der kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken, in lizenzierten Geschäften, einen wirtschaftlichen Aufschwung. Als Medizin ist Cannabis in Deutschland bereits seit 2016 zugelassen und auch in Österreich ist es als Medizin legal. Allerdings ist bei unserem östlichen Nachbarn der Anbau erst dann strafbar, wenn man ein ‘Suchtmittel’ daraus gewinnen will. Jede/r kann Hanf anpflanzen, solange die Pflanzen keine weiblichen, THC-haltigen Blüten treiben. Sonst werden Anbau, Verarbeitung, Erwerb, Besitz, Konsum, Weitergeben und Transport nach wie vor geahndet. In Deutschland möchte man nun auf Cannabisprodukte setzen, und zwar nicht nur auf die harzhaltigen Blüten, sondern auf eine breite Palette, wie sie in der Schweiz in den Neunziger Jahren auf dem Markt waren: nicht nur um Hanfbier, Hanfkleidung oder Hanf im Badezusatz, sondern Hanfpapier, Hanf als Isolation für den Häuserbau, als Bonbons oder Lutscher, Hanfsamen, Hanftee oder Hanfkekse. Hanffasern wurden und werden nach wie vor gewerblich produziert, was nicht verboten war oder ist, wenn der THC-Wert nicht ein bestimmtes Mass überschreitet. Hanf war in aller Munde, doch die entsprechenden Abstimmungen dazu wurden abgeschmettert, wohl auch, weil man zu viel auf einmal erreichen wollte, Die Palette an Hanfprodukten wurde wieder schmäler. Die Zeit von Cannabis als Genussmittel war damals offensichtlich noch nicht gekommen. Im Herbst werden wir erfahren, ob sich das auch in Deutschland geändert hat. In Österreich besteht ebenfalls eine Koalition der Willigen, was die Legalisierung von Cannabis anbelangt; CBD-haltiger Cannabis ist ebenso populär wie in der Schweiz und in Deutschland, doch ob man dem deutschen Vorbild allenfalls folgen wird (müssen), bleibt abzuwarten. Für viele Konsumentinnen heisst es weiterhin– Sie wissen schon – legal, illegal, sch**ssegal!

Ich wünsche Ihnen – mit oder ohne Cannabis – von Herzen schöne Feiertage!
Ihre
Susanne G. Seiler


Es gibt so wunderweisse Nächte

s gibt so wunderweisse Nächte,
drin alle Dinge Silber sind.
Da schimmert mancher Stern so lind,
als ob er fromme Hirten brächte
zu einem neuen Jesuskind.

Weit wie mit dichtem Demantstaube
bestreut, erscheinen Flur und Flut,
und in die Herzen, traumgemut,
steigt ein kapellenloser Glaube,
der leise seine Wunder tut.

   Rainer Maria Rilke

november 2021 – goodnews editorial

Legalize it!

Die Schweiz will Cannabis legalisieren. In einem Pilotprojekt dürfen ausgewählte Apotheken und CBD-Läden über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren Cannabis in verschiedenen Stärken an eine schweizweite Kohorte Versuchspersonen verkaufen, damit „… ein regulierter Markt für den Anbau, die Produktion, den Handel und den Konsum von Cannabis geschaffen wird“. Ein Drittel der erwachsenen Schweizer hat schon mindestens einmal Cannabis konsumiert. Eine Mehrheit möchte es wie Alkohol geregelt sehen. Luxemburg erlaubt seiner Bevölkerung den Anbau von bis zu vier Marihuana-Pflanzen pro Haushalt. Saatgut ist frei käuflich und wird besteuert. Aktivisten in Ländern wie Spanien (Katalonien) oder Italien haben mit Growers’ Clubs experimentiert, eine weitere vernünftige Ergänzung zur Befreiung einer Pflanze, die auf der ganzen Welt zu Hause ist. In Kanada müssen Käufer einen Altersnachweis erbringen, wenn sie Cannabis kaufen. Die kanadische Regierung schätzt, dass die Legalisierung zu einem Rückgang des illegalen Cannabismarktes um zwei Drittel geführt hat. Ein ähnliches Modell ist für die Schweiz vorgesehen. Nicht vorgesehen ist, dass Konsumenten eigene Pflanzen anbauen. Insgesamt ist eine Regulierung des Verkaufs nur schon aus Qualitätsgründen zu begrüssen. Der Schweizerische Bauernverband hat sich dafür verwendet, dass im kommenden Pilotprojekt ausschliesslich Schweizer Bio-Hanf verkauft wird. Alles legale Cannabis soll im Freien angebaut werden, ein Wunschtraum. Wie lange es wohl dauern wird, bis zumindest eine gewisse Normalisierung bei den Psychedelika erreicht ist? Auf diesem Gebiet versucht die Pharmaindustrie gerade einen grossen Coup zu landen. Wenn der gelingt, dürfen z.B. nur noch lizenzierte Therapeuten gentechnisch verändertes und patentiertes Psilocybin verabreichen, wozu sie sich eines markengeschützten Sets und Settings bedienen, was ‘Replizierbarkeit’ ermöglichen soll. Was kann da schon schief gehen? Mexiko will die traditionelle Nutzung von Pflanzen reglementieren. Individuen und Gruppen, die spirituelle Interessen verfolgen, werden kontrolliert, hausgemachte Offenbarungen aktiv unterdrückt. Verglichen mit einer Stadt wie Seattle, wo Psychedelika vollumfänglich legal sind, haben wir noch einen langen Weg vor uns.

Besorgt und mit herbstlichen Grüssen,
Susanne G. Seiler


Hanf im Glück

„Unterdrückt und unterschätzt
war die Pflanze Hanf bis jetzt.
Zehntausend Jahre unentbehrlich,
gilt sie bei uns heut als gefährlich!
In einem Topf mit harten Drogen:
Das ist nun wirklich glatt gelogen.
Hanf ward zum Unkraut degradiert,
sein Nutzen wurde ignoriert,
obwohl als Rohstoff unvergleichlich,
und vom Ertrag her wirklich reichlich.
Holen wir ihn uns zurück,
dann ist er wieder Hanf im Glück!“

Matthias Bröckers 

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