goodnews oktober 2025 – editorial: wie man schwierige zeiten übersteht

Sind es die unzähligen Lügen, die Korruption, Krieg, Zerstörung, Hunger, Ungleichheit, Ungerechtigkeit? Es macht mich traurig, an diese Dinge zu denken, und ich denke jeden Tag daran, ob ich will oder nicht. Wenn ich mich ernsthaft mit den Tragödien beschäftigen würde, die sich vor meinen Augen abspielen, würde ich wohl verrückt werden. Bin ich mir überhaupt bewusst, was vor sich geht? Ist nicht alles viel schlimmer? Die Lügen, die Täuschungen, die Morde und Hinrichtungen, nicht nur in Gaza, sondern auf der ganzen Welt?

Es hilft nichts, sich mit Ereignissen zu beschäftigen, die ausserhalb unserer Kontrolle liegen. Wir fühlen mit, sind wütend, fühlen uns hilflos, gebrochen – und sind froh, weit weg zu sein. Wir finden, Erleichterung und Privilegien stünden uns zu, und während Erleichterung menschlich ist, sind Privilegien relativ. Die Menschen haben generell genug von unseren chaotischen Zeiten. Ihr Leben ist weniger erschwinglich, ihr Job oft eine Mühsal, zu der sie sich fünf Tage die Woche trostlos schleppen. Selbst Menschen mit guten Jobs in der Mittelschicht und angemessener Bezahlung wollen aussteigen. Bei Kunstvernissagen und während unserer Psychedelic Salons im Cabaret Voltaire begegnen mir manchmal Leute, die dazu neigen, einen gewissen Zweckoptimismus an den Tag zu legen. Hinter ihrer Maske verbirgt sich pure Verzweiflung: Was wird aus meinem Job? Was ist mit KI? Was wird aus meinem Geld, meiner Familie, meinem Leben? Diejenigen auf der nächsthöheren Stufe der Erfolgsleiter sorgen sich um ihren Ruf. Wie stehe ich „in den Augen der Welt“ da? Werde ich öffentlich diffamiert und zerstört, mein Ego in Trümmern, mein Stolz im Staub? Liebt mich überhaupt jemand?

Was sollen wir alle tun? Es scheint klar zu sein, dass diejenigen, die genug haben, mit denen teilen sollten, die weniger haben, und viele Menschen tun es auch. Es ist zu einfach, denen die Schuld zu geben, die es könnten, es aber nicht tun, weil sie so gierig und bedürftig sind. Für sie wie für uns stellt sich die Frage, wie wir die Welt zu einem besseren Ort machen können, ohne uns selbst zu opfern. Schliesslich bedeutet jede Art von Engagement, von der Liebe bis zum Geschäft, ganz zu schweigen von der Politik, eine Investition an Zeit, Geld und Mühe, für die wir vielleicht weder die Energie noch die Mittel aufbringen können.

Was schwierige Zeiten angeht, weiss ich zwei Tricks: Wenn Sie weniger konsumieren, sparen Sie Geld, und wenn Sie Geld sparen, fühlen Sie sich sicherer. Geben Sie einen Teil dieses Geldes weg, und Sie werden sich nicht nur reich fühlen, sondern auch gut.

Die Natur ist meist gratis und für alle zugänglich. Wir nennen sie unsere Mutter; sie ist das Geschenk, das immer wieder einschenkt. Indem wir uns im Wald oder in den Bergen, am Meer oder in der Wüste aufhalten, zeigen wir ihr unsere Zuneigung und Bewunderung. Sie erwidert diese Liebe, indem sie uns unserem Selbst näher bringt und uns Schritt für Schritt von allem befreit, was uns belastet, bis wir uns frei fühlen, in uns selbst einzutauchen und zu erkennen, wer wir waren, als es noch ausreichte nur zu sein.

Lasst uns die Stadt so oft wie möglich hinter uns lassen. Um gemeinsam ein natürlicheres und weitgehend autonomes Leben aufzubauen, wo immer dies möglich ist. Um die Natur, unser Leben und einander zu geniessen.

Einen schönen Herbst allerseits!
Susanne Seiler

Scroll to top